Offener Brief der Bürgerinitiative Kanzlerfeld an Görge
Sehr geehrter Herr Görge,
unsere Bürgerinitiative schätzt die bestehende Nahversorgung im Kanzlerfeld und Ihren Anteil daran sehr positiv ein. Der Görge-Markt als Mittelpunkt des Einkaufszentrums wird seit Jahren gut angenommen, weil das Personal freundlich und kompetent ist und das angebotene Sortiment offensichtlich konsequent fortlaufend auf den örtlichen Kundenbedarf ausgerichtet wird.
Viele von uns sind Stammkunden im Görge-Markt und kaufen bewusst den Großteil des Alltagsbedarfs dort ein.
Dass Sie eine Angebotserweiterung der Nahversorgung in relativ unterdimensionierten Bereichen wie Drogerieartikeln oder Getränken anstreben, ist uns als Kunden verständlich.
Dass die Erweiterungsmöglichkeiten des bestehenden Einkaufszentrums dafür nicht ausreichen sollen, können wir allerdings nicht nachvollziehen. Sofern Sie entsprechende Vereinbarungen innerhalb der Altimmobilie treffen würden, ergäbe sich mit der Einbeziehung der Flächen des ehemaligen „Schlecker“-Ladens und der ehemaligen Gaststätte eine Fläche von ca. 850 qm, mit weiteren Ausbauschritten möglicherweise auch mehr. Diese Verkaufsfläche überträfe die des neu gegründeten Görge-Marktes Innenstadt im Gebäude des ehemaligen City-Kinos um 350 qm. Mit dem Innenstadt-Markt wollen Sie auf 500 qm ca. 4000 Haushalte zielgerichtet versorgen. Warum soll dann eine sehr weitgehend schon erfolgreich funktionierende Nahversorgung im Kanzlerfeld für 2450 Haushalte auf 850 qm nicht möglich sein?
Wir als Ihre Kunden benötigen keine weitergehenden Verkaufsangebote wie z.B. Frischfisch oder die Erweiterung des Weinsortiments. Insbesondere brauchen wir in der Nahversorgung nicht x verschiedene Marken für Alltagslebensmittel. Vielleicht lässt sich ja Verkaufsfläche sogar einsparen, wenn man darauf verzichtet, neben Braunschweiger Spargel auch solchen aus Peru anzubieten und neben niedersächsischen Bohnen solche aus Kenia? Das könnte den Trend zur Regionalität der Lebensmittelversorgung weiter stärken und entspräche Ihrem spezifischen Image.
Unsere Bürgerinitiative ist mit der Unterschriftensammlung zugunsten der Nahversorgung im Stadtteilmittelpunkt auf sehr positive Resonanz gestoßen. Es sind Ihre Kunden, die sich die Weiterentwicklung in diesem Sinne wünschen.
Ebenso eindeutig wird das geplante Neubauprojekt mehrheitlich von den angesprochenen Bürgern abgelehnt.
Die Grünfläche ist den Kanzlerfeldern als Bolzplatz und „grüne Lunge“ sehr wertvoll. Als möglicher Standort eines Supermarktneubaus ist das Grundstück jedoch vollkommen ungeeignet. Eine nachbarschaftsverträgliche Lösung ist dort von allen Voraussetzungen her (Flächengröße, Abstand zu Wohnbebauung, Wasserleitung, Verkehrsführung) nicht möglich.
Dass politische Gremien ohne Einbeziehung der Bürger hier bereits Fakten in eine falsche Richtung geschaffen haben, liegt in erster Linie in deren Verantwortung. In Ihrer Verantwortung liegt zusätzlich der Umgang mit Ihren Kunden.
Ohne Kundenakzeptanz kann ein Nahversorger kaum erfolgreich sein. Konkurrenzangebote gibt es für die Kanzlerfelder stadteinwärts und stadtauswärts Richtung Watenbüttel im Überfluss.
Für den Ausbau der Nahversorgung im bestehenden Stadtteilmittelpunkt haben Sie die volle Zustimmung Ihrer Kunden und die konstruktive Unterstützung unserer Bürgerinitiative. Auch wenn Sie dort nicht alle Maximalanforderungen umsetzen können: bitte suchen Sie Kompromisse auf dieser Basis.
Ein Neubauvorhaben auf der grünen Wiese werden wir demgegenüber mit allen uns zur Verfügung stehenden - auch rechtlichen - Mitteln zu verhindern suchen. Bäume zu opfern für eine weitere Sorte Wein ist nicht in unserem Sinne und kann auch kaum im Sinne eines nachhaltigen Unternehmens sein.
Mit freundlichen Grüßen
Anne Lenhardt
Für die Bürgerinitiative „stadtteil mittelpunkt kanzlerfeld“
Kontakt zur BI: BI-Kanzlerfeld@38.de
P.S.: Ist es mehr als ein Werbegag, wenn Edeka und WWF gemeinsam erklären, dass auf Dauer nur wirtschaftlich erfolgreich sein kann, wer auch für Umwelt und Gesellschaft Verantwortung übernimmt?